DIE KARTOFFELREIHEN

Diese 11 kleinen Strassen mit ihren Reihenhäusern liegen angeordnet wie Kartoffelbeete zwischen Teilen der damaligen Stadtmauer “Østre Anlæg” und dem “Sortedam See”. Nachdem im 18. Jahrhundert einige der Seen aufgestaut worden waren, wurden hier Kartoffeln angebaut für die stetig wachsende Bevölkerung der Stadt
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Von gesunden Arbeiterhäusern zu einem inspirierenden Liebhaberquartier

Anfang des 19. Jahrhunderts wohnte die gesamte Bevölkerung Kopenhagens innerhalb der Stadtmauern. Hier wurde in sehr grossem Ausmaß gebaut, immer höher und enger – und sogar Hinterhöfe wurden überdacht und Keller als Wohnflächen genutzt – und es gab weder ein Abflussystem noch Trinkwasser; die Strassen stanken nach Abfall und menschlichen Ausscheidungen, und Ratten lebten hier im Überfluss. Die Sterblichkeit unter der armen Bevölkerung war sehr hoch.

Mit dem Grundgesetz von 1849 bekam die Zeit ein neues Ideal, Liberalismus

Die Industriebürgerschaft verstand sich darin, ihr eigenes Kapital zu vergrössern. Aber die Lebensbedingungen waren eine tickende Bombe unter der neuen Demokratie; viele fürchteten einen sozialen Aufstand inspiriert durch die revolutionären Handlungen im damaligen Frankreich. Ärzte warnten vor dem Ausbruch mögliche Epidemien, aber sie blieben unerhört.

Erst als 1853 die Choleraepidemie ausbrach und 5000 Menschen starben (3% der damaligen Kopenhagener Bevölkerung), und auch die wohlhabenderen Bürger bedrohte, die Seite an Seite mit den ärmeren lebten, erwachten die Autoritäten.

Eine wachsende Arbeiterbewegung in den 1870er Jahren formte eine Arbeiterorganisation um politischen Einfluss zu nehmen auf Arbeits- und Wohnsituation der Menschen.

Billige und gesunde Wohnungsbauten

Gleich nach dem Ende der Choleraepidemie wurden Wohnungen des Ärztevereins (heute bekannt als Brumleby) ausserhalb der Stadtmauern auf dem Øster Fælled gebaut, initiiert vom Arzt Emil Hornemann. Da es nicht erlaubt war, ausserhalb der Stadtmauern zu bauen, waren diese Wohnungen zunächst jedoch als eine schnelle provisorische Problemlösung gedacht und nicht als ein langwierigerer Versuch, Arbeitern billige und gesunde Wohnungsbauten anzubieten.

Mit voranschreitender Industrialisierung zogen mehr und mehr Menschen vom Land in die Stadt, und damit stieg die Notwendigkeit für Wohnungen in der Hauptstadt explosiv an.

Daher wurden in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts viele Häuser ausserhalb der Stadtmauern gebaut. Es gab keine bestimmten Mietregeln. Spekulanten liessen Familien sogar in Hinterhöfen in den Arbeitervierteln Nørrebro und Vesterbro einziehen.

Gründung des Arbeiterbauverein

Diese soziale Realität und der romantische Realismus der damaligen Zeit waren die Antriebskraft der Männer, die 1865 die Initiative zur Gründung des Arbeiterbauvereins von Kopenhagens größtem Arbeitgeber, der B&W Werft, gründeten: Nun sollten die Arbeiter selbst ihre Lebensbedingungen nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe in die Hand nehmen. Die Initiatoren waren inspiriert von England, wo Arbeiter kooperative Verbraucher- und Bauvereine gegründet hatten. Die Verbesserung der miserablen Lebensbedingungen der Arbeiterklasse musste durch eine Gesundheitsreform sowie durch eine Selbstorganisation geschehen.

Die Gesundheitsreform wurde nun voll unterstützt von der Regierung der Hauptstadt. Dennoch trafen die langreichenden Reformen zur Verbesserung der Wohnsituation – die gesunden Arbeiterhäuser – noch auf Widerstand. Solche Reformen konnten daher nur mittels privater Initiativen durchgeführt werden. Der Arbeiterbauverein also eine solche private Initiative kombinierte fungierte als Bau- und Sparvereinigung. Es wurden in 10 Quartieren insgesamt 1776 Wohnungen gebaut. Es waren Eigentumswohnungen, in denen der Eigentümer als Vermieter vorzugsweise Vereinsmitglieder als Mieter auswählte. Damit wurden Hauseigentümern Stützen gesichert, zum Kauf des Hauses und später zur Altersvorsorge. Die 480 Häuser in den Kartoffelreihen wurden in der Zeit zwischen 1873 und 1889 gebaut. Die Arbeiterbewegung hatte jedoch nie viel für die Reihenhäuser der Kartoffelreihen übrig. Diese waren eher geplant als bürgerliche Kleinwohnungen, sowohl ökonomisch als auch organisatorisch betrachtet.

Die 1970er Jahre
Die Kartoffelreihen waren bis ins 19.Jahrhundert typischerweise Zwei- bis Dreifamilienhäuser mit zwei Erwachsenen und einigen Kindern pro Etage- im Durchschnitt 8 Personen pro Haus. Über die Jahre verschlechterte sich der Wohnstandard in den Häusern. Die 1970er Jahre waren schicksalsentscheidend für die Kartoffelreihen.Die Kommune betrachtete die Häuser als abrissreif aber die Bewohner kämpften dagegen und gewannen. Der Hauseigentümerverein der Kartoffelreihen arbeitete schliesslich mit den Kommune zusammen an einem Plan, um die Reihenhäuser zu schützen nachdem die Häuser eines nach dem anderen renoviert worden waren. Seit den 1970ern Jahren war es nun möglich, die kleinen Wohnungen zu einem Einfamilienhaus zusammenzulegen.

Als dier Arbeiterbauverein 1974 abgeschafft worden war, wohnten im Durchschnitt 2.5 Personen in jedem Haus. Der Hauseigentümerverein arbeitete weiterhin daran, die Interessen der Einwohner in Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden zu schützen.

Sein eigenes Recht
Die Architekten des Funktionalismus der 1920er und 30er Jahre rechneten diese Häusern mit ihren kleinen Räumen und Küchen einen Wert an. Dagegen haben heutige Architekten die Kartoffelreihen in hohem Grade für sich entdeckt. Jan Gehl und Bjarke Ingels wurden beispielsweise von ihnen direkt inspiriert, wie im Stadtteil Ørestad sichtbar.